Wer bin ich und wenn ja, wieviele?

 

Dieser Buchtitel von Richard Precht lässt sich fast eins zu eins auf den Ansatz der systemischen Therapie und des systemischen Coachings übertragen.

Geht er doch davon aus, dass wir nicht eine Persönlichkeit sind, sondern viele verschiedene in uns haben, mit jeweils ganz eigenem Denken, Fühlen und Handeln und damit auch eigenen neuronalen Netzwerken. Wir atmen und bewegen uns beispielsweise sehr unterschiedlich, je nachdem, mit welcher Seite wir gerade verbunden sind.

 

Im Alltag entstehen dadurch mitunter interessante Zwickmühlen. Wenn sich beispielsweise eine Seite nach einer festen Beziehung sehnt, eine andere aber frei und ungebunden bleiben möchte. Oder die eine Seite einen Kinderwunsch hat und eine andere erst berufliche Sicherheit erlangen möchte.

Manches Mal sind auch drei oder mehr Seiten in uns an der Zwickmühle beteiligt. Das könnte man dann Multimühle nennen.

 

Hand auf´s Herz: Jede(r) von uns kennt solche inneren Konflikte im großen wie im kleinen. Oft versuchen wir dann, die eine Seite (aus Sicht der anderen) zu überreden oder „zur Einsicht“ oder sogar zum Schweigen zu bringen. Funktioniert das? Mitunter ja, nur zahlen wir dafür einen Preis, denn jede Seite versucht ihre Bedürfnisse zu stillen, was uns mitunter zu widersprüchlichem Verhalten führt. Stellen wir dieses widersprüchliche Verhalten bei uns fest, reagieren wir oft abwertend uns selbst gegenüber und fühlen uns schlecht und/oder schuldig.

 

Zur Lockerung und Lösung solcher Zwick- und Multimühlen bietet der systemische Ansatz viel hilfreiches an. Ein erster großer Schritt ist in aller Regel bereits die „räumliche Verortung“ der unterschiedlichen Seiten, was bedeutet, dass jeder Seite im Raum ein Platz und damit eine Stimme gegeben wird, z.B. durch Stellvertreter. Klienten erleben dieses häufig als Erleichterung, denn jetzt besteht die Möglichkeit, als Beobachter des nun nach außen gebrachten Konfliktes zu agieren, anstatt darin verwickelt zu sein.

 

Interessanterweise geschehen oft bereits in dieser Phase des Coachings erste Einsichten über die unterschiedlichen Bedürfnisse der Seiten, was meist als berührend erlebt wird. Eben dieses „berührt sein“ würdigt diese Bedürfnisse, ein Vorgang, der spürbar Stress abbaut.

 

In den nächsten Schritten kann eine Art Verhandlungsprozess zwischen den unterschiedlichen Seiten und deren Bedürfnissen geführt werden, der oft zu völlig neuen und unerwarteten Lösungen führt.

 

Wer in geschütztem Rahmen das systemische Arbeiten kennenlernen möchte, kann dieses beim nächsten offenen Abend tun. Näheres siehe hier.

 

Einen gute Zeit wünscht Dir

 

Boris

 

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